Es ist der 05. Mai 2022.
Zusammen mit dem Freundeskreis hat man sich ein Tag frei genommen und ist zu einem ortsansässigen Freizeitpark gefahren um einmal die Seele baumeln zu lassen.
Milena, die 2020 zu uns gestoßen ist, ist ebenfalls Teil der Gruppe.
1 Rückblick
2 und dann machte es Klick
3 das Experiment wird geboren
4 Pop up Fair und Boris Bethge
5 das Experiment
6 die Übergabe
Rückblick
Es ist September 2020 und Milena stellt sich gerade vor. Recht schnell entwickelt sich eine Freundschaft und man fängt an Privates auszutauchen. Sie erzählt, dass sie einigen Hobbys nachgeht, darunter zählen Feuerwehr, Mannschaftssport und Motorrad fahren. Auch so ist sie eher in Jeans und Cappi anzutreffen als in Kleid und Highheels. Kurz gesagt, lieber Bier und Dorfzelt als Champagner und Altstadt.
Als ich von meinen Hobbys erzähle, worunter übringens auch das Motorrad fahren fällt, kommt natürlich auch die Fotografie schnell ins Gespräch. Und selten hab ich jemanden erlebt, der so schnell eine so starke Meinung von dem Thema hat wie Milena, nämlich: „Das kann natürlich jeder machen wie er will, aber ich würde mich niemlas so vor die Kamera stellen, niemals!“
Durch ihr kumpelhaftes Verhalten und Auftreten kann ich mir hier auch nicht vorstellen, dass ich sie mal shoote….
Gegenwart:
Es ist mittlerweile Nachmittag, wenig los im Park und demenstprechend hat man so einige Fahrgeschäfte besucht, zu viele für sie und mich. Uns ist schon fast flau im Magen und wir brauchen Pause. Wir bieten uns an, auf die Rucksäcke aufzupassen und sind so eine gute halbe Stunde alleine auf der Parkbank.
Einige Tage zuvor hatte Milena Bilder bei mir auf der Instagramseite geliked. Da mich dies verwundert hat, sprach ich das zu diesem Zeitpunkt einfach mal frei heraus an:
Ich: „Ich hab gesehen, dass du Bilder von mir geliked hast. Wie kam es dazu, ich dachte du magst diese Art von Bilder nicht bzw. kannst damit nichts anfangen?“
Milena: „Ja das stimmt auch. Naja bzw. stimmte auch. Aber in letzter Zeit merke ich, dass ich die Art der Bilder doch irgendwie cool finde. In meinem Kopf stellt sich die Frage, wie die Leute dazu kommen sich ablichten zu lassen und was dabei in deren Köpfen passiert. Die Psychologie dahinter.“
Ich: „Hm Okay, mit dieser Antwort hab ich jetzt echt nicht gerechnet. Wenn du magst, leih ich dir mal das Buch ‚Sensual Nude‘ von Andreas Jorns aus. Da ist ein kleines Kapitel mit Interviews von Modellen drin, vielleicht hilft dir das ja weiter.“
und dann machte es Klick
Mittlerweile hat sie das Buch von mir bekommen und fängt an sich in die Thematik einzulesen. Aber nicht nur das: es entwickelt sich ein regelrechtes Interesse daran.
Nachdem schon einige Bilder von Andreas aus dem Buch betrachtet wurden, fingen wir an Bildbänder zu studieren.
Anfangs noch durch einfaches „Blättern“, wandelte sich die Betrachtung aber recht schnell ins Analytische.
Wir schauten genau hin welche Bilder ihr gefallen und versuchten dann herauszufinden, wo der rote Faden liegt. Dabei erstreckten sich die Bildbände nicht nur auf die von Andreas Jorns, sondern auch u.a. auf Herbert Ahnen und Boris Bethge, letzterer wird noch entscheidend für das Experiment sein.
So nach und nach merkte ich was sie an Bildern anspricht und was nicht. Ein regelrechtes Bild entsteht in meinem Kopf und auch Milena merkte, was sie inspiriert.
Nach einiger Zeit offenbart sie mir, dass sie sich nun doch vorstellen könnte einmal abgelichtet zu werden. Ich schlug ihr vor sich einen Fotografen zu suchen, hatte mich aber auch selber angeboten mit der Aussage: „Gerne kann ich dich fotografieren, aber da wir uns auch privat kennen, ist das vielleicht etwas komisch.“
Doch zu meiner großen Überraschung folgt dann: „Also wenn ich das angehe, dann schon mit jemanden, den ich kenne und wo ich mich geben kann wie ich bin“
das Experiment wird geboren
„Wo ich mich geben kann wie ich bin“ ein wirklich interessanter Satz.
Wie schon oben beschrieben, ist Milena eher mit Jeans und Cappi unterwegs, sie ist taff und strahlt das auch nach außen hin aus. Jedoch gibt es da tatsächlich auch eine emotionale Seite an ihr, die man kaum sieht.
Ich, als ihr Freund, darf sie in ein/zwei dieser Situationen beobachten und sehe sie danach mit anderen Augen. Es ist nicht nur die Cappi, die Feuerwehr, der Mannschaftssport. Ich sehe die junge Frau dahinter.
Und genau hier ist die Idee geboren: Ich fotografiere sie so wie ich sie sehe und nicht, wie sie versucht nach außen hin zu wirken. Kurz: Mit anderen bzw. mit meinen Augen!
Kurzer Exkurs zu meiner Arbeitsweise:
Normalerweiles läuft ein Shooting bei mir folgendermaßen ab: Das Modell kommt recht früh zu mir oder ich zu ihr und es wird erstmal lange gequasselt und ein bis drölf Kaffee getrunken. Danach fängt man ganz langsam an die Kamera auszupacken und hin und wieder mal ein Bild zu machen. Aber auch hier steht die Kommunikation klar im Fokus.
Oft lege ich auch mal meine Cam aus der Hand und rede einfach mit der Person mir gegenüber. Und ganz oft gebe ich meine Cam dem Modell, wo sie dann die Möglichkeit hat, die letzten Bilder zu betrachten.
Am Ende des Shootings werden die Bilder auf den PC oder den Laptop importiert und zusammen mit dem Modell eine Auswahl getroffen. Diese bekommen sie anschließend als „Vorschau“ auf eine Cloud geladen und wann immer ich ein Bild fertig bearbeitet habe, werden diese 1:1 gegen die Vorschauen ausgetauscht.
Die Idee ist nun folgende:
Der Anfang des Shootings läuft so ab wie immer, aber während und auch nach dem Shooting sieht sie kein einziges Bild. Sie muss also zu 100% auf mein Urteil vetrauen. Der Clou dabei ist, dass ich bei der Bildauswahl und -gestalltung nicht von ihr beeinflusst werde und die Bilder so wirklich authentisch sind (begezogen auf meine sonstige Arbeitsweise).
Der Benefit für sie ist klar – sie hat (hoffentlich) schöne Bilder von sich selber. Der Benefit für mich ist dabei aber zusätzlich ein anderer. Wenn sie dann zur Bildübergabe (dazu später mehr) zu mir kommt, kann ich genau beobachten wie sie reagiert. Etwas, was sich mit meiner Cloudlösung sonst so nicht ergibt.
Milenas Sicht:
Das Experiment nahm in unseren Köpfen, oder besser gesagt in Jans Kopf, Gestalt an. Ich selbst hatte keine Ahnung was passieren wird oder was ich spätestens vor der Kamera machen soll. Es war immerhin das erste Mal, dass ich mich auf „professionelle“ Art fotografieren lies. Die Nervosität hielt sich dennoch in Grenzen. Schon da war mir nämlich bewusst, dass ich ihm vertrauen muss und das auch tat.
Wir redeten viel über unser Vorhaben und über die Art des Shootings. Mein Denken bezüglich der Peoplefotografie hatte sich deutlich geändert. Ein Jahr zuvor konnte ich mir generell ein Shooting nicht vorstellen und jetzt war ein Shooting in Planung. Er nahm mir während unserer Gespräche den Wind aus den Segeln und lies mir die Freiheit, ich solle nur so weit gehen, wie ich das wolle. Es war kein Druck dabei, was für mich auch eine Erleichterung war. Ich konnte somit ganz auf mein Bauchgefühl hören. Die Vorfreude stieg.
Pop up Fair und Boris Bethge
18. Mai
Ein paar Tage sind vergangen, so einige weitere Werke wurden verschlungen und das Experiment hat schon definiertere Züge in meinem Kopf angenommen. So soll sowohl das Setting als auch das Outfit recht schlicht sein, der Fokus soll ganz und gar auf ihr liegen. Spontan kommt mir die Idee die Pop Up Fair in Düsseldorf zu besuchen. Milena hat Lust mich zu begleiten und durch Zufall begünstigt, postet Boris Bethge eine Story in der er fragt, wer heute so alles auf der Ausstellung sei.
Kurzum verabredeten sich Milena, Boris und ich uns auf der Ausstellung und so kommt es zu einer Art mini meet & greet.
Wir erzählen ihm von dem Experiment und zu meinem größten Vergnügen ist der Publizist und Fotograf von der Idee begeistert und bekräftigt uns in unserem Vorhaben. Er geht sogar einen Schritt weiter und bittet uns um ein ausführliches Feedback.
Spätestens hier steht die Sache.
das Experiment
17. Juni
Milenas Sicht:
Am 17. Juni wurde ich morgens wach und auf einmal hatte ich ein nervöses Kribbeln im Bauch. Ich machte mir Gedanken zu dem was passieren wird, was ich für Kleidung mitnehme und ob das die Kleidung ist, die Jan sich irgendwie vorgestellt hat. Ich hatte, wie gesagt, überhaupt keine Ahnung und zu dem Zeitpunkt auch keine Vorstellung mehr dazu. Das machte es für mich nicht besser, denn die Nervosität stieg immer weiter.
Bei ihm tranken wir erstmal ein paar Kaffee und dann wir fingen mit unserem Experiment an.
Der Anfang war für mich super merkwürdig. Ich fühlte mich beobachtet und musste deswegen dämlich Grinsen. Ich konnte mich selbst nicht ernst nehmen. Als Jans Frau dazu kam und diese ein paar Witze auspackte, lockerte sich für mich die Situation und die Stimmung. Die ersten Bilder wurden gemacht und mit der Zeit wurde ich immer entspannter.
Einige Zeit später schlug er vor, dass ich mal den Kimono anprobieren könnte. Obwohl ich sowas normalerweise nicht trage, fühlte ich mich damit zu meinem Erstaunen sehr wohl. Mein Bauchgefühl passte mit der Situation überein und meine ganzen Gedanken waren wie weggefegt. Im Nachhinein war das der Punkt, ab dem ich den restlichen Tag nur noch genossen habe.
Meine Sicht:
Es ist soweit, wir beide haben den Tag frei und treffen uns morgens bei meiner Frau und mir in der Wohnung.
Wie schon weiter oben beschrieben trinken wir drei erstmal Kaffee und ich, ich muss es zugeben, bin ziemlich nervös. Nicht nur, dass es immer kribbelt, wenn wer Neues vor der Kamera steht. Nein, diesmal geht es auch um Etwas. Sie will wissen, wie sie auf Freunde wirkt die sie etwas besser kennen und ich möchte gute Bilder haben um das Experiment bei der Abgabe auch beenden zu können.
Dann geht es los: Ich hatte sie zuvor gebeten ein paar einfache Tops mitzubringen. Also zieht sie sich zurück um sich umzuziehen. In der Zeit habe ich also Zeit mein Set aufzubauen und meine Frau macht es sich auf der Couch gemütlich. Als Milena wieder zu uns stößt, fangen wir an und machen ein paar „Schnappschüsse“, soweit so gut.
Dennoch ist die Lage bei ihr etwas angespannt.
Neue Situation die man sonst so nicht kennt. Also nehme ich meine Frau dazu und bitte sie ein paar Witze zu erzählen. Meist lockert das die Stimmung auf und siehe da, perfekt, Milena lacht und ich kann abdrücken. Von hier aus wird es deutlich leichter.
Nun sind erste Ergebnisse im Kasten und ich biete ihr an einen Kimono auszuprobieren. Zeitgleich bitte ich meine Frau ein paar Strähnen aus Milenas Zopf zu nehmen, so dass sie nach vorne in ihr Gesicht fallen.
Als sie sich umgezogen hat und die Frisur gesetzt ist, bin ich kurz sprachlos. Nicht nur, dass sie sich locker in der doch recht „offenen“ Kleidung gibt, nein, sie sieht mit der dezent anderen Frisur schlicht erwachsener aus. Aus der Jeans und Cappi tragenden Freundin ist durch eine leichte Änderungen eine junge Frau geworden. Selbst meine Frau weiß nicht so ganz was sie sagen soll und das soll schon was heißen.
Nach knapp über 4 Stunden ist des Experiment an dieser Stelle abgeschlossen. In dieser Zeit haben wir viele Bilder (>1000) und mehr Settings als gedacht geshootet. Und wahrlich genug Kaffee für 10 getrunken.
Einen Link zu der gesamten Reihe habe ich an das Ende des Beitrags gesetzt.
die Übergabe
Das kommende Wochenende kam ich nicht mehr von meinem Bildschrim weg. Nicht nur, dass ich die Bilder vom vorangegangenen Shooting beendet und die Bildreihe minstrel erstellt habe, ich habe auch die komplette Auswahl UND Bearbeitung der Bilder von Milena bewerkstelligt bekommen. Normalerweise lasse ich mir hierfür bis zu 2 Wochen Zeit.
Hier gilt eine Entschuldigung an meine Frau auszurichten, die mich das Wochenende kaum gesehen hat.
Grund der Eile war, dass ich die Bilder drucken wollte. Drucken, weil ein Bild eben erst dann wirklich fertig ist und eine Übergabe auf gutem Fotopapier auch deultlich schöner ist als die Betrachtung am Monitor. Die Druckerrei gab an bei Abgabe bis Montag die Bilder bis den darauf folgenden Donnerstag zu liefern. Da für Freitag Abend ein Treffen mit dem Freundeskreis angesetzt war, wollte ich die Übergabe schon mittags mit ihr durchführen. Noch sollten die Freunde davon nichts wissen. Zunächst sollte nur Milena die Bilder sehen und sich mit eben diesen erst einmal anfreunden.
24. Juni
Direkt nach meinem Feierabend war ich also mit Milena bei mir zuhause verabredet und hab ihr dann einen Stapel von 20 bearbeiteten Bildern gegeben. Was nun und in Folge passierte, hat alle meine Erwartungen übertroffen.
Milenas Sicht:
Am Tag des Shootings hatte ich nicht einmal das Bedürfnis mir die Bilder anzusehen. Auch die Tage danach waren für mich sehr entspannt und ich habe darüber nicht nachgedacht. Wenn Jan das Thema ansprach, stieg kurzzeitig die Anspannung in mir, ich musste mich aber auch zusammenreißen, um nicht euphorisch zu werden. Die Hoffnung, dass die Bilder gut geworden sind, war da, aber das konnte auch schief gehen und das wussten wir.
Ich muss ehrlich Zugeben, ich war am Tag der Übergabe der fertigen Bilder noch aufgeregter als am Tag des Shootings. Bei Jan angekommen, trank ich erstmal wieder einen Kaffee zur Beruhigung, aber das half nichts. Mein Puls war konsequent hoch.
Ich saß auf der Couch mit meinem Kaffee und zu meiner Überraschung packte Jan die gedruckten Bilder aus. Ich war alles aber nicht bereit mir diese Bilder anzusehen. Nicht, weil ich nicht wollte, sondern weil ich nicht wusste, wie ich reagieren würde und was diese Bilder mit mir machen würden. Schon vor dem ersten Bild haben meine Hände angefangen zu zittern und das hörte nicht auf. Bild für Bild. Ich sah mir die Bilder schweigend an. Jan saß schweigend neben mir. Ab und zu fielen bei einigen Bildern ein paar Worte. Dabei blieb es aber auch. Die Stimmung und die Anspannung, die in der Luft lag, kann man gar nicht beschreiben.
Geschlagene zwei Stunden saß ich in der Wohnung und habe mir diese Bilder angesehen. Jedes Bild war eine Überwindung. Ich ließ meinen Emotionen freien Lauf, denn mir fehlten die Worte.
Mittlerweile habe ich zutreffende Worte gefunden, über das Shooting, die Übergabe, das Experiment und vor allem die Bilder:
Unfassbar, unglaublich, Wahnsinn! Ich liebs! Danke!
Meine Sicht:
Nun kannte ich schon die Bilder und war sehr zufrieden mit ihnen. Ich habe Milena so abgelichtet, wie ich sie sehe und mag ihren Ausdruck wirklich gerne auf den Bildern. Milena hat anscheinend diese Art des Ergebnisses nicht erwartet. Sie hat sage und schreibe 2 Stunden die Bilder betrachtet und kaum ein Wort rausbekommen. Weiter noch: Sie musste sich ein paar Tränchen verdrücken und war einfach überwältigt.
Das erste Mal, dass ich sowas beobachten durfte und es hat meine Sicht auf meine Bilder nachhaltig verändert. Mir war weder klar, noch bewusst, was die Bilder bei anderen Menschen, besonders den Modellen, bewirken. Ich bin sehr dankbar für das Erfahrene und kann nur jedem anderen Hobbyfotografen und -model das Experiment empfehlen.
Wer nun Lust hat sich die Ergebnisse anzuschauen kann gerne hier klicken.